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Pressemitteilung

Bannwaldschutz: „Ein Beschluss gegen den Bannwald!“ – BUND ist über die VGH-Entscheidung bestürzt – Landesregierung muss Bannwaldschutz verbessern

07. Dezember 2017 | Bannwälder erhalten

„Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat eine Entscheidung gegen den Bannwaldschutz gefällt, die für uns überhaupt nicht nachvollziehbar ist.”

BUND bestürzt über Entscheidung gegen den Bannwald (Foto: Niko Martin) BUND bestürzt über Entscheidung gegen den Bannwald (Foto: Niko Martin)  (Foto: Niko Martin)

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland hat mit Bestürzung auf die gestern Nachmittag zugestellte Entscheidung des VGH reagiert. BUND Vorstandssprecher Guido Carl: „Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat eine Entscheidung gegen den Bannwaldschutz gefällt, die für uns überhaupt nicht nachvollziehbar ist.” Der BUND kritisiert erneut, dass der Rechtsschutz gegen den Kies- und Sandabbau durch das Bergrecht und die Länge der Gerichtsverfahren ausgehebelt wird, wenn der Bannwald so wie am Langener Waldsee scheibchenweise ohne ein ordentliches Urteil zum EU-Naturschutzrecht gerodet werden kann. Der BUND fordert die Hessische Landesregierung zu einer gesetzlichen Verbesserung des Bannwaldschutzes gegenüber dem Abbau von Sand und Kies auf, denn derzeit wird erst gerodet und die Wiederaufforstung auf den St. Nimmerleinstag verschoben.

Angesichts der sich widersprechenden aktuellen Rechtsprechung ist der BUND besonders überrascht, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Kassel zu dem am 28.11.2017 vom BUND gestellten Stoppantrag erst einen Tag nach dem Rodungsbeginn durch die Firma Sehring und - zunächst - ohne jede Begründung zugestellt wurde. Ob der Schriftsatz der BUND-Anwältin, den diese kurz vor der Zustellung der Ablehnung noch an den VGH geschickt hatte, noch gewürdigt wurde, ist angesichts des zeitlichen dichten Verlaufs der Ereignisse unklar. BUND Vorstandsmitglied Guido Carl: „Diese Vorgehensweise ist unüblich und trifft uns unvorbereitet.” Irritierend ist für den BUND in diesem Zusammenhang, dass die angeforderten Akten offenbar erst am Dienstagnachmittag beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingetroffen sind. In der Offenbach Post heißt es hierzu: „Die zum Stoppantrag gehörigen Akten seien am Dienstag vom VG Darmstadt in Kassel eingegangen, teilte Helmut Schmidt, Richter und Pressereferent am Hessischen Verwaltungsgerichtshof, auf Anfrage unserer Redaktion mit: „Der Senat arbeitet derzeit an diesem Verfahren.” (https://www.op-online.de/region/langen/wieder-fallen-baeume-sehring-rodet-neue-kiesabbauflaeche-langen-9427323.html )

Tatsächlich ist die Rechtslage mindestens unklar und in der Sache haben sich die Befürchtungen des BUND im Verlauf der Jahre bestätigt, wie folgende Beispiele verdeutlichen:
 

Rechtslage

  • Ob der BUND Verstöße gegen das Artenschutzrecht zu Recht vorträgt, hatte das Verwaltungsgericht Darmstadt mit seinem Urteil vom 22.12.2015 ausdrücklich offengelassen. Das Gericht hatte den Abbau dennoch zugelassen. Weil es diese eigene Entscheidung nicht als zweifelsfrei ansah, hatte es die Berufung gegen sein Urteil zugelassen. Dieses Berufungsverfahren ist beim VGH Kassel weiterhin anhängig.
  • Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat die Möglichkeit der Verbandsklage gegen einen bergrechtlichen Hauptbetriebsplan am 22.11.2017 verneint und deshalb die Klagen des BUND abgewiesen. Demgegenüber haben das Verwaltungsgericht Köln und das Oberverwaltungsgericht Münster eine solche Klagemöglichkeit jüngst im Verfahren „Hambacher Forst” bestätigt.
     

Sachverhalte

  • Das Regierungspräsidium hat zwischenzeitlich bestätigt, dass die Wiederaufforstungen der Firma Sehring bisher weitgehend fehlgeschlagen sind. Abschließend forstfachlich abgenommen sind bis heute lediglich 2,1 von 35,46 Hektar. Seit vielen Jahren – auch im Rechtsstreit zur Südosterweiterung – wird angekündigt, dass der Abschlussbetriebsplan zur Beendigung der Rekultivierung kurz vor der Fertigstellung stehe. Immer wieder stellte sich jedoch heraus, dass das Ende der Rekultivierung noch weit entfernt ist.
  • Die Firma Sehring kommt ihren Rekultivierungsverpflichtungen nicht nach. Mit Bescheid vom 07.06.1991 war Sehring auferlegt worden, die Rekultivierung der Westgrube bis zum 31.12.2015 abzuschließen. Weil dies nicht gelungen ist, hat Sehring am 01.12.2015 (!) die Verlängerung der Rekultivierungspflicht um 30 Jahre bis zum 31.12.2038 beantragt. Das Regierungspräsidium hat hierüber immer noch nicht entschieden. Maßgebliches Problem sind die fehlenden Verfüllmassen. Obwohl von der Menge der Verfüllmassen auch die Wiederaufforstung der Südosterweiterung abhängt, bestreitet das Regierungspräsidium weiterhin jeden sachlichen Zusammenhang.
  • Die Bergaufsicht des RP Darmstadt hat in den letzten Jahren versagt. Eine funktionierende Bergaufsicht hätte die Probleme der Firma Sehring mit der Verfüllung frühzeitig erkannt. Die Bergbehörde des RP Darmstadt hat diese Probleme jedoch „übersehen”, 2013 die Südosterweiterung des Langener Waldsees zugelassen und im Planfeststellungsbeschluss sogar von einem bevorstehenden Abschluss der Rekultivierung in den bisherigen Auskiesungsbereichen gesprochen.
  • Artenschutzkonflikt Fledermäuse: Die Rodungsfläche der Südosterweiterung beträgt 63,7 Hektar. Der für Fledermäuse besonders wichtige alte Baumbestand erstreckt sich auf eine Fläche von 29 Hektar. Als vorlaufende Artenschutzmaßnahme wurde eine Naturwaldzelle ohne forstliche Nutzung auf einer Fläche von nur 15,25 Hektar eingerichtet. Es ist offensichtlich, dass diese Flächenverhältnisse den Schutz der Fledermäuse nicht gewähren können. Ein „verdichtetes Wohnen” gibt es bei Fledermäusen nicht. Außerdem wird die Naturwaldzelle in einigen Jahren als isolierte Waldinsel in der Abgrabungsfläche übrig bleiben und – wie alle solche plötzlich isoliert stehenden Waldflächen – durch Randeinflüsse zusammenbrechen. Die rechtlich geforderte dauerhafte und ausreichende Artenschutzmaßnahme für die geschützten Fledermausarten existiert nicht.
  • Artenschutzkonflikt Waldlaubsänger: Entgegen der eindeutigen Gesetzesformulierung wurden keine Artenschutzmaßnahmen für die durch die Rodung zerstörten Fortpflanzungs- und Ruhestätten angeordnet.
  • Artenschutzkonflikt Zauneidechse: Entgegen der eindeutigen Rechtslage und abweichend von der üblichen Verwaltungspraxis wurden im Planfeststellungsbeschluss keine Flächen festgelegt, in denen neue Lebensräume der Zauneidechse gesichert werden.
     

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